Die Existenz des Fegefeuers bezeugen

Das Wort Gottes

P. Martin Berlioux

Die Existenz des Fegefeuers ist nicht nur ein frommer Glaube, den wir frei annehmen oder ablehnen können, sondern ein formelles Dogma, das der Glaube lehrt und das wir unter Androhung der Strafe des Kirchenbanns bekennen müssen. „Es ist ein heiliger und heilsamer Gedanke“, sagt das Alte Testament, „für die Toten zu beten, damit sie von ihren Sünden erlöst werden“ (2 Makk 12,46).

Die Juden waren von dieser Wahrheit so überzeugt, dass ihr Ritual ein besonderes Gebet für die Erlösung der Toten beinhaltete, das das Familienoberhaupt sprechen musste, bevor man sich zu Tisch setzte.

Jesus Christus selbst lehrte:  „Versöhne dich mit deinem Widersacher ohne Verzug, solange du mit ihm auf dem Wege bist, damit dich nicht der Widersacher dem Richter übergebe und der Richter dem Gerichtsdiener und du in den Kerker geworfen werdest. Wahrlich, ich sage dir: Du wirst von da nicht herauskommen, bis du den letzten Heller bezahlt hast“ (Mt 5,25 f.; Lk 12,58 f.).

Dieser Widersacher, sagte der heilige Augustinus von Hippo (354–430), ist Gott selbst, der unversöhnliche Feind der Sünde. Der unerbittliche Richter ist Jesus Christus, der in der Heiligen Schrift der Richter der Lebenden und der Toten genannt wird. Schließlich ist dieses furchtbare Gefängnis das Fegefeuer, aus dem man nur entkommen kann, wenn man der göttlichen Gerechtigkeit vollkommen Genüge getan und alle Finsternis beseitigt hat, die uns verdunkelt.

Jesus begnügte sich nicht damit, den Gedanken an das Fegefeuer in unsere Herzen einzubrennen. Er hat uns auch ein Beispiel gegeben, indem Er nach Seinem Tod in die Vorhölle hinabstieg. Er führte die Seelen, die seit Adams Sündenfall dort gewartet hatten – denn dieser Sündenfall hatte den Zugang zum Paradies verschlossen –, in die unermessliche Freude des für immer offenen Himmels.

 

Die Lehre der Kirche

Der Glaube der Kirche ist nicht weniger eindeutig. Das Konzil von Trient (1545–1563) formulierte dazu folgendermaßen: „Wer sagt, jedem reuigen Sünder werde nach Empfang der Rechtfertigungsgnade so die Schuld vergeben und die Strafwürdigkeit für die ewige Strafe getilgt, dass keine Strafwürdig keit für eine zeitliche Strafe übrig bleibt, die entweder in dieser Zeit oder künftig im Reinigungsort zu bezahlen ist, bevor der Zutritt zum Himmelreich offenstehen kann: der sei mit dem Anathema belegt.“ 2 Alle griechischen und lateinischen Kirchenlehrer, alle alten und modernen Völker, haben denselben Glauben bekannt.

Gemäß diesem Glaubensgrundsatz betet die Kirche als zärtliche und mitfühlende Mutter jeden Tag in der heiligen Messe für die Seelen im Fegefeuer. Sie empfiehlt ihren Kindern, dem lieben Gott oft Gebete, Opfer, Leiden und Messen für die Erlösung ihrer Verstorbenen darzubringen. Schließlich begeht sie einen feierlichen Jahrestag, an dem sie die gesamte Christenheit dazu aufruft, den verstorbenen Gläubigen zur Hilfe zu kommen.

 

Es ist tröstlich zu wissen, dass die Kirche nach unserem Tod auch für uns beten wird. Sie wird alle ihre Gläubigen einladen, Gott um unsere Erlösung zu bitten, und sie wird nicht aufhören zu beten, bis sie uns in den Schoß der triumphierenden Kirche aufgenommen weiß. Unsere katholische Kirche ist wie eine gute Mutter, sie kennt die Schwächen ihrer Kinder!

P. Martin Berlioux — Die Armen Seelen im Fegefeuer

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