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Unbehagen und Wiederbelebung der konservativen Bewegung in Amerika

Die Tradition der Vergessenheit entrissen und die Rolle von Plinio Corrêa de Oliveira bei der Bildung der internationalen religiösen Rechte

Julio Loredo

In der revolutionären Mythologie schreitet der historische Prozess ständig „voran“, d. h. zu immer liberaleren, egalitäreren, toleranteren, weltlicheren, inklusiveren, kurz „moderneren“ Denk-, Fühl- und Lebensweisen. Mit anderen Worten, es geht immer Richtung links. Unerbittlich.

Von „Unbehagen“ zur „Wiederbelebung“

An der Wende der 1960er und 1970er Jahre schien dies eine unumstößliche Wahrheit zu sein. Während im kulturellen Bereich die Giftstoffe des Jahres 1968 die moralischen und psychologischen Grundlagen des Westens auflösten, schritt im gesellschaftspolitischen Bereich der Kommunismus unverdrossen voran. Die Vereinigten Staaten, de facto der Führer der nichtkommunistischen Welt, zogen sich vor allem nach der Vietnam-Katastrophe zurück. Das amerikanische Volk versank psychologisch in etwas, das Analysten als „Unbehagen“ benannten, und als Zeichen eines nicht fernen Todes gedeutet wurde. Dieses „Unbehagen“ verbreitete sich dann in der ganzen westlichen Welt.

Im kirchlichen Bereich feierten die Befürworter der so genannten Hermeneutik des Bruchs und der Diskontinuität, die das Zweite Vatikanische Konzil als die Geburt einer Neuen Kirche interpretierten, ihren Sieg. Stark blies in der Kirche der Wind der so genannten „Euphorie des Widerspruchs“. Überall triumphierte die progressive Linie. Traditionalismus wurde fast buchstäblich auf eine unbedeutende Minderheit reduziert.

1979 begann sich jedoch alles zu ändern.

Im Mai gewann Margaret Thatcher die Wahlen in Großbritannien und leitete damit eine konservative Wende ein, die innerhalb weniger Jahre den sozialistischen Apparat zerschlug, der das Land mehr als ein halbes Jahrhundert lang beherrscht hatte. Dann, im November 1980, gewann Ronald Reagan die US-Wahlen und führte die Conservative Movement an die Macht. Und auch hier wurde das Land von einer kopernikanischen Wende getroffen. „The Sixties are over! – Die Sechziger Jahre sind vorbei!“ war einer der am häufigsten wiederholten Slogans. Es war der Beginn der „Conservative Revival“, der konservativen Wiederbelebung, die sich dann über die ganze Welt ausbreitete und in vielen Ländern neue Rechte Regierungen mit deutlicher religiöser Inspiration hervorriefen.

Im kirchlichen Bereich markierte das Pontifikat von Johannes Paul II., wenn auch mit Licht und Schatten, gleichermaßen einen Wendepunkt, von dem das Motu proprio Ecclesia Dei (1988) das Beispiel gab, das erneut die Türen zur tridentinischen Liturgie öffnete. Überall begann der Traditionalismus zu wachsen, vor allem unter der Jugend. Es entstanden mehrere religiöse und kirchliche Institute mit einer konservativ-traditionalistischen Ausrichtung. Die Exzesse der progressiven Theologie wurden verurteilt. Dieser Wendepunkt wurde im Pontifikat von Benedikt XVI. noch verstärkt, beispielsweise mit dem Motu proprio Summorum Pontificum, das Situationen wie in der Kirche in Frankreich veränderte, in der fast die Hälfte der neugeweihten Priester dem traditionellen Ritus angehören.

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Die „Conservative Revival“ wurde sowohl in ihren zeitlichen als auch in ihren religiösen Aspekten von vielen Intellektuellen sehr detailliert und gründlich studiert. Akademische Literatur ist zu diesem Thema reichlich vorhanden. Ein Punkt ist jedoch noch nicht ausreichend erforscht: die Rolle Brasiliens und konkret die von Professor Plinio Corrêa de Oliveira bei der Entstehung und Entwicklung dieser Reaktion.

Um diese Lücke zu füllen, hat Benjamin A. Cowan kürzlich das Buch „Moral Majorities across the Americas. Brazil, the United States and the Creation of the Religious Right” veröffentlicht. (University of North Carolina Press, 2021, 294 S.). Professor Cowan ist ein Harvard-Absolvent und Professor für Geschichte an der University of California in San Diego.

Seine Forschungsarbeit ist erheblich. Nicht weniger als 824 Fußnoten zeugen von der Fülle an Referenzen, mit denen der Autor sein Werk bereichern wollte. Die meisten Quellen sind unveröffentlicht: das persönliche Archiv von Msgr. Geraldo de Proença Sigaud; Berichte der brasilianischen Geheimdienste; die Paul Weyrich Papers der Manuskriptabteilung der Library of Congress; die Diözesanarchive São Paulo und Diamantina; das Archiv des brasilianischen Außenministeriums und viele mehr.

Wie bei jeder Arbeit der historischen Analyse wären einige Unterscheidungen zu treffen, insbesondere von Seiten von Personen wie mir, die an einigen der erwähnten Fakten teilgenommen haben oder mit denen, die daran teilnahmen, engen Kontakt hatten. Trotzdem handelt es sich um ein substanzielles Werk, das dazu bestimmt ist, die wissenschaftliche Forschung zu diesem Thema zu konditionieren. Es sollte daran erinnert werden, dass Professor Cowan ein Liberaler ist und sich daher in einer ideologischen Position befindet, die den untersuchten Realitäten entgegengesetzt ist. Er ist weit davon entfernt eine Lobschrift verfasst zu haben, es ist vielmehr eine Kritik, manchmal sogar eine sehr bissige.

Das Zweite Vatikanische Konzil

Das erste Kapitel ist dem Zweiten Vatikanischen Konzil gewidmet.

Trotz der umfangreichen Bibliographie, die inzwischen über das Konzil vorliegt, vertritt Cowan die Ansicht, dass die Wissenschaftler dem „entscheidenden Handeln einer geschlossenen Gruppe von Brasilianern, die während und nach dem Konzil daran arbeiteten, die Flut des Reformismus einzudämmen, noch nicht den gebührenden Stellenwert eingeräumt haben. (…) Die zentrale Rolle der Brasilianer [in der traditionalistischen Reaktion] wird gewöhnlich in den Schatten gestellt“ [1]. Übersehen werden zum Beispiel die Interventionen von Monsignore José Maurício da Rocha, Bischof von Bragança Paulista, „Monarchist, entschiedener Antimodernist, Antikommunist und Antiliberaler“. Besser bekannt, aber immer noch nicht gut erforscht, ist das Vorgehen von Msgr. Geraldo de Proença Sigaud, Erzbischof von Diamantina, und Msgr. Antonio de Castro Mayer, Bischof von Campos.

Diese „geschlossene Gruppe von Brasilianern“ wurde von den beiden letztgenannten Konzilsvätern gebildet, angeregt und unterstützt von den Mitgliedern der TFP, die zu diesem Anlass zwei Filialen in der Ewigen Stadt eröffnet hatten. Inspirator und treibende Kraft dieser Gruppe war zweifelsohne Professor Plinio Corrêa de Oliveira.

Trotz der Tatsache, dass diese Gruppe „eine wichtige und in gewissem Sinne bahnbrechende Rolle in der Politik des traditionalistischen Katholizismus auf nationaler und transnationaler Ebene während und nach dem Konzil spielte, werden Mayer, Sigaud und die sensationelle TFP in der Geschichtsschreibung über die Entstehung der erzkonservativen katholischen Reaktion in der ganzen Welt oft nicht erwähnt. (…) Die Forschung hat diesen brasilianischen Beitrag weitgehend ignoriert. (…) In diesem ersten Kapitel möchte ich diesen Aktivismus der konservativen Brasilianer während des Zweiten Vatikanischen Konzils als ein Element des Aufbaus und der Entwicklung eines transnationalen katholischen Traditionalismus skizzieren. (…) Die Brasilianer waren keineswegs die wichtigste – und bisher vernachlässigte – Kraft hinter dem konservativen Widerstand im Zweiten Vatikanum“ [2].

Cowan behauptet natürlich nicht, dass dies die einzige Komponente der traditionalistischen Reaktion während des Konzils war. Er argumentiert lediglich, dass dem bisher nicht die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

Die antiprogressistische Tätigkeit von Plinio Corrêa de Oliveira, so Cowan, begann in den 1930er Jahren mit der Gründung der Gruppe des Legionario und setzte sich in den 1940er Jahren mit seiner Opposition gegen den Neomodernismus innerhalb der „Katholischen Aktion“ und in den 1950er Jahren mit der Gründung der Catolicismo-Bewegung fort. Zu Beginn der 1960er Jahre hatte Plinios antimodernistisches Werk „in Brasilien Widerhall gefunden [und] hatte auch [sogar] international bedeutende Auswirkungen, die dazu beitrugen, die globale katholische Reaktion gegen Modernisierung und Säkularisierung zu formen und zu unterstützen“ [3]. Als Dr. Plinio 1962 in Rom eintraf, hatte er also bereits sehr klare Vorstellungen und einen perfekt ausgearbeiteten Schlachtenplan, im Gegensatz zu so vielen anderen Konservativen, „die von der progressiven Wende des Konzils überrascht wurden“ [4]. In der Tat, erklärt Cowan „hat die TFP die Ausrichtung des Konzils vorweggenommen und begonnen, sich zu organisieren, bevor er begann“ [5]. In den Privatarchiven von Msgr. Sigaud finden sich Berichte über Treffen mit Plinio Corrêa de Oliveira, bei denen ein Plan ausgearbeitet wurde, um sich dem progressiven Angriff auf dem Konzil zu widersetzen, bevor er in die Ewige Stadt ging.

Dieser Plan ist in dem Votum enthalten, das Bischof Sigaud dem Konzil vorlegte, das aber von Plinio Corrêa de Oliveira inspiriert und vielleicht auch mitverfasst wurde: „Die Kirche muss weltweit den Kampf gegen die Revolution organisieren“ [6]. Dr. Plinios realistisch besorgte Sichtweise stand in scharfem Kontrast zu dem „Jubel“, den nicht wenige Konservative über die Einberufung des Konzils hegten, da sie darin eine Chance für eine „konservative Erneuerung“ sahen, während der brasilianische Leader befürchtete, dass es sich in ein Debakel verwandeln würde [7].

Während des Konzils versammelten sich die Traditionalisten im Coetus Internationalis Patrum. Aus den Archiven von Bischof Sigaud geht hervor, dass dieser bei der Gestaltung des Coetus eine zentrale Rolle spielte und dabei stets von Plinio Corrêa de Oliveira unterstützt wurde. Ihm gehören zum Beispiel die Manuskripte mit den „Entwürfen für die Struktur, die Sitzungen, die Veröffentlichungen, die Aktivitäten und die Finanzierung“ des Coetus. In einem Brief an den brasilianischen Außenminister, in dem er ihn um finanzielle Unterstützung bat, schrieb Sigaud: „Ich kann [in Rom] keine freiwilligen und zuverlässigen Mitarbeiter finden. Die brasilianischen Aktivisten hingegen arbeiten nur im Geist der Hingabe zu unserer Sache, mit großer Effizienz und Diskretion. (…) Sie sind Spezialisten, jeder in einem Aspekt des Konzils. (…) Das Rückgrat des Coetus war immer und muss auch weiterhin diesen brasilianischen Aktivisten anvertraut werden“ [8]. Cowan kommt zu dem Schluss, dass „der Aktivismus der TFP eine zentrale Rolle bei der Mobilisierung des konservativen Blocks gespielt hat“.

Msgr. Marcel Lefèbvre selbst bezeichnete die TFP als den „Leitungsausschuss“ des Coetus [9]. Eine Meinung, die der französische Historiker Henri Fesquet teilt. Abschließend stellt Cowan fest: „Wie wir gesehen haben, gehörten Marcel Lefèbvre und seine Anhänger zu denjenigen, die die Brasilianer als die Hauptakteure, ja sogar als Helden in diesem Bereich betrachteten“ [10].

Wir lassen ein langes Kapitel mit dem Titel „The beauty of hierarchies“ (Die Schönheit der Hierarchien) aus, in dem Cowan die Lehren erläutert, die der TFP zugrunde liegen. Interessant ist jedoch, wie Cowan zufolge, die TFP aus ihrer katholischen Vision nicht nur eine progressivfeindliche Vision im religiösen Bereich ableitet, sondern auch eine traditionalistische Konzeption der weltlichen Gesellschaft, die eng mit der ersteren verbunden ist. Daher ihre Kämpfe im politischen, sozialen, kulturellen, moralischen und religiösen Bereich. Interessant ist auch Cowans Beharren auf der „ästhetischen Dimension“ der von der TFP angestrebten Gegenrevolution.

Professor Cowan kommt zu dem Schluss: „Obwohl der katholische Traditionalismus der Bereich ist, in dem diese [TFP]-Aktivisten die direkteste und anerkannteste Wirkung hatten, erstreckt sich ihr Einfluss auch auf den weiteren Bereich des modernen religiösen Konservativismus. Darauf werde ich in den folgenden Kapiteln eingehen. (…) Der Aktivismus der TFP machte Brasilien zu einem wichtigen Schauplatz für die Entwicklung dieser besonderen Form des religiösen Konservativismus, die später innerhalb und außerhalb Brasiliens Widerhall finden sollte“.[11]

Schaffung der „Neuen Transnationalen Rechten“

Im vierten Kapitel will Cowan „die Rolle Brasiliens als Hauptkern des Netzwerks nachzeichnen, aus dem die transnationale Neue Rechte hervorging“ [12]. Es muss klargestellt werden, dass die „Neue Rechte“, auf die er sich bezieht, nichts mit der europäischen Nouvelle Droite und ihrer neuheidnischen Grundzügen zu tun hat. Die Grundlagen dieser Neuen Rechten, so Cowan, seien Antikommunismus, die Verteidigung moralischer Werte und der westlichen Kultur. Gerade die gemeinsame Abneigung gegen den Kommunismus – damals der schlimmste Feind der westlichen christlichen Zivilisation – veranlasste viele Gruppen und Bewegungen, ihre Bemühungen zu bündeln. Cowan zeigt, dass die TFP dabei eine wichtige Rolle spielte: „Brasilien wurde zu einem zentralen Ort für die Entstehung und Akkreditierung rechter Persönlichkeiten und Bewegungen, deren Bedeutung über die nationalen Grenzen hinausging“ [13].

Auf der Grundlage größtenteils unveröffentlichter Dokumente analysiert der Autor insbesondere die Beziehungen zwischen der TFP und der amerikanischen New Right. Um sie zu verstehen, müssen wir einen Schritt zurückgehen.

Ende der 1940er Jahre, mit der Veröffentlichung von Burke’s Politics [14], begann sich in den Vereinigten Staaten das herauszubilden, was später als Conservative Movement [15] bezeichnet wurde. Nach einer Periode der Ausarbeitung von Doktrinen und einem verfrühten und daher erfolglosen Wahlversuch mit Barry Goldwater im Jahr 1964 landete diese Bewegung Ende der 1960er Jahre in Washington, wo sie Think Tanks wie die Heritage Foundation und Strukturen für politische Aktionen wie die Free Congress Foundation gründete. Paul Weyrich, ein katholischer Traditionalist österreichischer Herkunft, war das Herzstück dieser Bewegung. Diese Neue Rechte trug 1980 dazu bei, dass Ronald Reagan die Präsidentschaft erlangte, als der erste „konservative“ Präsident der USA. So begann eine tiefgreifende und kraftvolle Comservative Revival, konservative Wiederbelebung, die nicht nur die Politik, sondern auch die Kultur betraf [17].

Außer den politischen und kulturellen Aktionen begannen die Katholiken der Neuen Rechten (die in der Tat die vorherrschende Stimme waren) eine Kampagne gegen den Progressivismus innerhalb der Kirche. Zu diesem Zweck gründeten sie das Catholic Center, um „die linksgerichtete progressive Bewegung in der Kirche zu bekämpfen“ [18]. Aus dieser Schmiede kam zum Beispiel 1986 die erste Anprangerung der Homosexuellen-Lobbys [19]. Sowie mehrere Studien gegen die sogenannte Befreiungstheologie [20]. Es ist kein Zufall, dass es heute im Großraum Washington D.C. nicht weniger als fünfzehn Messen im alten römischen Ritus gibt. Es ist die große Welle des Conservative Revival.

Professor Plinio Corrêa de Oliveira, der auf Entwicklungen achtete, die auf eine potenziell gegenrevolutionäre Reaktion hindeuten könnten, misst dem Aufkommen dieser New Right große Bedeutung bei, und zwar sowohl im Hinblick auf ihre konkreten Aktionen als auch vor allem im Hinblick auf das, was sie für einen Wandel in der nordamerikanischen ideologischen Landschaft darstellt. Um die Beziehungen zu ihr zu intensivieren, verstärkte die amerikanische TFP ihre Präsenz in der Hauptstadt mit dem TFP Washington Bureau, dem Cowan breiten Raum widmet.

Im Juni 1981 wurde Plinio Corrêa de Oliveira in São Paulo von James Lucier, Berater des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des US-Senats, und Francis Bouchey, Vizepräsident des Interamerikanischen Sicherheitsrats, besucht, beide prominente Mitglieder der New Right. Dann, 1988, erhielt er Besuch von Führern der Neuen Rechten, darunter Paul Weyrich und Morton Blackwell. In seiner Rede vor den Mitgliedern und Mitarbeitern der brasilianischen TFP erklärte Weyrich: „Die Gespräche, die ich mit eurem Leiter [Plinio Corrêa de Oliveira] geführt habe, waren die außergewöhnlichsten in meiner gesamten politischen Laufbahn“ [21].

Cowan interessiert vor allem die Internationalisierung dieser Neuen Rechten. Deshalb widmet er mehrere Seiten der Geschichte des International Policy Forum, einer von Paul Weyrich konzipierten und von Morton Blackwell geleiteten Allianz konservativer Vereinigungen. „Der Aufbau einer transnationalen Neuen Rechten“, so Cowan, „erfolgte durch Organisationen, die speziell zu diesem Zweck geschaffen wurden. (…) Das International Policy Forum (IPF) war eine solche Organisation, vielleicht das paradigmatische Beispiel. (…) Das IPF hat relativ wenig wissenschaftliche Aufmerksamkeit erhalten“ [22]. Das erste Treffen fand 1985 in Washington statt.

„Seit mehr als zwei Jahrhunderten haben die Intellektuellen und Aktivisten der Linken ihre internationalen Netzwerke aufgebaut, während die Konservativen ihre Mitstreiter in anderen Ländern überhaupt nicht kannten“, heißt es in einem IPF-Dokument [23]. Der Hinweis auf „mehr als zwei Jahrhunderte“ ist interessant und zeigt, dass die Mitglieder des IPF nicht ausschließlich antikommunistisch eingestellt waren, sondern eine umfassendere Vision des revolutionären Prozesses hatten.

Die Idee einer „transnationalen konservativen“ Bewegung war nicht neu. Die Gesellschaften zur Verteidigung von Tradition, Familie und Eigentum (TFP), die heute in zwanzig Ländern vertreten sind, bildeten bereits eine Art „Internationale der Gegenrevolution“. Auf Anregung von Plinio Corrêa de Oliveira und inspiriert durch das Beispiel der TFP gründete Paul Weyrich das IPF und lud die brasilianische Führungspersönlichkeit in den Verwaltungsrat ein: „Weyrich baute eine enge und fruchtbare Beziehung zur brasilianischen Gesellschaft zur Verteidigung der Familientradition und des Eigentums (TFP) auf, oder besser gesagt, zum transnationalen Netzwerk der TFP-Verbände“ [24]. Tatsächlich wurde der Leiter der New Right auf vielen seiner internationalen Reisen, auf denen er Kontakte zu konservativen/traditionalistischen Realitäten knüpfte, von TFP-Mitgliedern begleitet, die Weyrich „in das Netzwerk der lokalen Freunde einführten“.

All diese Bemühungen, so Cowan, „bildeten internationale Koalitionen zur Verteidigung des traditionellen Christentums“ [25]. Cowan kommt häufig auf die Idee der „Zentralität der TFP“ zurück: „Die TFP breitete sich geografisch aus und gründete Niederlassungen in der gesamten atlantischen Welt. Noch wichtiger ist, dass die TFP Beziehungen zu den meisten Bewegungen der New Right und zu extremistischen [sic] Bewegungen unterhielt und sich selbst in den Mittelpunkt der Bemühungen um eine internationale Zusammenarbeit stellte“ [26].

Auf diese Weise nahm das, was Cowan eine „transnationale Neue Rechte“ nennt, Gestalt an. Der kalifornische Professor bekräftigt: „Diese Vertreter der brasilianischen Rechten waren Pioniere bei der Schaffung von Netzwerken der Zusammenarbeit mit ähnlichen Realitäten im Norden, eine Zusammenarbeit, die den Grundstein für die Konstituierung einer Neuen Transnationalen Rechten legte“ [27]. Der Autor zählt dann die Grundideen dieser Neuen Rechten auf: „Nostalgie für die Vergangenheit, vorzugsweise das Mittelalter; übernatürliche Vision; Antikommunismus; Antimodernismus; Moralismus; Anti-Ökumene; Verteidigung der Hierarchien; Verteidigung des Privateigentums und des freien Unternehmertums“ [28]. Dem Autor zufolge war die TFP der Hauptakteur bei der Entwicklung dieses neokonservativen Kreuzzuges auf dem Kontinent und in der Welt“.

Es ist wichtig zu erwähnen, dass Cowan selbst zugibt, dass die TFP während dieser Verhandlungen immer ihre Identität als „militante Katholiken“ beibehielt, niemals Kompromisse einging und niemals verbarg, dass ihr Ziel die Gegenrevolution war, d.h. die Wiederherstellung der christlichen Zivilisation in ihrer Integrität.

Neben diesen Bemühungen, die New Right Galaxie zusammenzuführen, beschreibt Cowan, wenn auch nur kurz, die Bemühungen, Kontakt mit europäischen traditionalistischen Realitäten aufzunehmen, wie Alleanza Cattolica in Italien und Lecture et Tradition in Frankreich.

Abschließend äußert Benjamin Cowan die Hoffnung, dass die Rolle der TFP und von Professor Plinio Corrêa de Oliveira bei der Entstehung der antiprogressistischen Reaktion in der Welt von Fachleuten besser untersucht werden solte. Wir schließen unsererseits mit einer Wiederholung des oben Gesagten: Wie bei jeder historischen Analyse müssen einige Unterscheidungen getroffen werden, insbesondere von Personen wie mir, die an einigen der geschilderten Ereignisse teilgenommen haben oder in engem Kontakt mit denjenigen standen, die daran beteiligt waren. Trotzdem handelt es sich um ein umfangreiches Werk, das die akademische Forschung zu diesem Thema bestimmen wird.

Anmerkungen:

[1] Benjamin A. Cowan, Moral Majorities across the Americas. Brazil, the United States and the Creation of the Religious Right, University of North Carolina Press, 2021, S. 16-17.

[2] Ebd., S. 17-19.

[3] Ebd., S. 18.

[4] Ebd., S. 25.

[5] Ebd., S. 25

[6] Ebd., S. 230.

[7] Ebd., S. 234.

[8] Ebd., S. 23.

[9] Ebd., S. 24.

[10] Ebd., S. 59.

[11] Ebd., S. 59.

[12] Ebd., S. 137.

[13] Ebd., S. 137.

[14] Hoffman, Ross J. S., and Paul Levak (Eds.). Burke’s Politics: Selected Writings and Speeches of Edmund Burke on Reform, Revolution, and War. S. xxxvii, 536. New York: Alfred A. Knopf, 1949.

[15] Die Literatur über die Konservative Bewegung ist sehr umfangreich. Eine Zusammenfassung findet man in Modern Age, Bd. 26, Nr. 3-4, 1982.

[16] Cfr. Patriottismo, combattività e appetenza del soprannaturale. Intervista a Paul Weyrich, Tradizione Famiglia Proprietà, marzo 2002. https://www.atfp.it/rivista-tfp/2002/103-marzo-2002/733-intervista-a-paul-weyrich

[17] Tatsächlich stand die New Right viel weiter rechts als Reagan, dem sie vorwarf, zu wenig zu tun.

[18] Benjamin A. Cowan, Moral Majorities across the Americas, p. 146.

[19] Enrique T. Rueda, The Homosexual Network. Private Lives and Public Policy, Devin Adair, 1986.

[20] Enrique T. Rueda, The Marxist Character of Liberation Theology, The Catholic Center, 1986.

[21] Benjamin A. Cowan, Moral Majorities across the Americas, S. 151.

[22] Ebd., S. 144.

[23] Ebd., S. 146.

[24] Ebd., S. 151.

[25] Ebd., S. 152.

[26] Ebd., S. 153.

[27] Ebd., S. 60.

[28] Ebd., S. 154-155.

Quelle: p-c-o.blogspot.com

Foto: J. Suhett